Offener Brief der Initiative "Geschlecht zählt" an Bundeskanzler Friedrich Merz

Die Initiative Geschlecht zählt hat einen offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz zum Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) verfasst. Aufgrund des Falles Liebich sowie auf Anlass eines Gesetzesvorhabens der AfD steht das SBGG erneut im Fokus und wird am 11. September im Bundestag diskutiert. Wir veröffentlichen den Brief auf unserer Website, so dass Sie diesen mit einem Klick selbst an Friedrich Merz und/oder Ihre Bundestagsabgeordneten versenden können.
Hintergrund: Die Causa Liebich löste deutschlandweit und international Diskussionen über das deutsche SBGG aus. Laut Koalitionsvertrag ist eine Evaluation des Gesetzes für 2026 geplant. Die Äußerungen von Alexander Dobrindt (Innenminister) und Karin Prien (Frauen- und Familienministerin) zeigen jedoch, dass die problematischen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des Gesetzes weiterhin nicht erkannt wurden, denn sie fokussieren auf einen angeblichen Missbrauch. Allerdings missbraucht Liebich das Gesetz nicht, sondern nutzt es – so wie es jedem Bürger und jeder Bürgerin Deutschlands zusteht – auch verurteilten männlichen Straftätern. Schon die rechtskonforme Nutzung ist also problematisch und das Gesetz selbst ist missbräuchlich. Was ist eine Frau belegt die seit Jahren dokumentierten vielfältigen Probleme und Gefährdungen durch eine Selbstbestimmung des Geschlechtseinrags unter anderem durch die Karte "Nur ein Einzelfall".
Wir schließen uns der Forderung der Initiative Geschlecht zählt an und bitten den Bundeskanzler, die Evaluierung des Gesetzes zur Chefsache zu machen mit dem Ziel, es letztendlich abzuschaffen. Nutzen Sie die Möglichkeit, diesen Brief als E-Mail an die Führung der CDU/CSU und an Ihren Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU zu senden!
Offener Brief der Initiative Geschlecht zählt
Betreff:
Causa Liebich: Das Selbstbestimmungsgesetz ist das Problem, nicht sein angeblicher Missbrauch
Herrn Bundeskanzler Friedrich Merz
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Str. 1
10557 Berlin
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr Vorsitzender der CDU,
anlässlich der „Causa Liebich“ äußerten sich Innenminister Dobrindt und Familienministerin Prien zum sog. Selbstbestimmungsgesetz (SBGG). Ihre Aussagen legen nahe, dass sie die Prämissen dieses Gesetzes entweder nicht verstehen oder nicht verstehen wollen. Als Minister/in sind beide offenbar sogar bereit, die Grundsatzprogramme ihrer Parteien zu ignorieren und die Werte der Union vollends zu verraten.
So lassen ihre Statements deshalb nichts Gutes erahnen für die Evaluierung des SBGG, die mit Augenmerk auf die Sicherheit von Frauen und Kindern und anstelle der im CDU-Wahlprogramm versprochenen Rückabwicklung des Gesetzes erfolgen soll.
Die Initiative Geschlecht zählt appelliert daher an Sie als Bundeskanzler und Vorsitzenden der CDU:
- Bitte sorgen Sie dafür, dass der Innenminister und die Familienministerin sich zum sog. Selbstbestimmungsgesetz und zu dessen Auswirkungen Kompetenz aneignen, um faktenbasierte Entscheidungen treffen zu können.
- Bitte erwirken Sie, dass Herr Dobrindt und Frau Prien sich auf die Werte und Positionen ihrer Parteien besinnen, auf deren Basis sie in ihre Positionen gelangten. Viele (mittlerweile enttäuschte) Frauen und Männer wählten CDU und CSU nämlich allein wegen deren Haltung zum sog. Selbstbestimmungsgesetz und sorgten somit dafür, dass diese in Regierungsverantwortung kamen.
- Bitte machen Sie die Evaluierung des sog. Selbstbestimmungsgesetzes zu Ihrer Sache mit dem letztendlichen Ziel, es wie versprochen abzuschaffen – und tun Sie dies unter Wahrung der Abgrenzung gegenüber den Rechtspopulisten.
Die Problematik
Im Grundsatzprogramm der CDU von 2024 steht:
„Das biologische Geschlecht ist eine naturwissenschaftliche Tatsache und nicht veränderbar. Deshalb halten wir an der rechtlichen Unterscheidung der beiden biologischen Geschlechter fest.“1
Das sog. Selbstbestimmungsgesetz bezieht sich nicht auf das Geschlecht (sex) und die biologisch bedingte Zweigeschlechtlichkeit, sondern auf „Genderidentitäten“, also klischeehafte Geschlechter- rollen, die im Gesetz als „Geschlechtsidentität“ bezeichnet werden.
Dennoch bedienen sich der Innenminister (CSU) und die Familienministerin (CDU) des Narrativs von Transgender-Rechtsaktivisten, der Fall Liebich stelle einen „Missbrauch“ des sog. Selbstbestimmungsgesetzes dar. Herr Dobrindt betont im ZDF: „Der Geschlechterwechsel scheint hier eindeutig ein Missbrauchstatbestand zu sein.“ Er wolle sich einer Debatte stellen, um „Missbrauchs- möglichkeiten in dem Gesetz zu minimieren“.2
Frau Prien sagt in der Bild-Zeitung: „Der Fall Liebich macht deutlich, dass das Selbstbestimmungs- gesetz in seiner jetzigen Ausgestaltung Schwächen enthält, die gezielten Missbrauch begünstigen können.“ Sie halte es dennoch für „richtig und wichtig, dass geschlechtliche Selbstbestimmung niedrigschwellig möglich ist“.3
1. In der Causa Liebich manifestiert sich jedoch keine Schwäche oder Missbrauchsmöglichkeit des SBGG, im Gegenteil. Der Fall zeigt exemplarisch, dass genau die rechtskonforme Nutzung des Gesetzes das Problem ist.
Jeder Mann kann aus welchen Gründen auch immer seinen Geschlechtseintrag per einfacher Erklärung beim Standesamt von „männlich“ in „weiblich“ ändern. Es ist völlig egal, ob es sich dabei um einen verurteilten Rechtsextremisten, einen Mörder, Vergewaltiger oder Pädokriminellen4 handelt oder um einen Mann, der seine Autogynophilie5 per „Womanfacing“6 rechtlich abgesichert auch in der Öffentlichkeit und unter Frauen ausleben will.
Jedem Mann, der sich Zugang zu Frei- und Schutzräumen für Frauen und Mädchen irgendeiner Art verschaffen will, bietet dieses „Gender Self Identification Law“, das in Deutschland bewusst irreführend „Selbstbestimmungsgesetz“ heißt, die Gelegenheit dazu.
2. Die „Causa Liebich“ und ihr Protagonist zeigen deutlich, dass es nicht um einen „Geschlechterwechsel“ oder „geschlechtliche Selbstbestimmung“ geht.
Das SBGG regelt weder einen "Geschlechterwechsel“, wie es der Innenminister nahelegt, noch eine „geschlechtliche Selbstbestimmung“, wie sie die Familienministerin befürwortet.
Das Gesetz regelt vielmehr die Selbstbestimmung des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrages (§ 2 SBGG) aufgrund einer subjektiv empfundenen „Genderidentität“ (gender identity), im Gesetz manipulierend „Geschlechtsidentität“ genannt. Damit ist nicht das Geschlecht (sex) gemeint, sondern die klischeehaft konstruierten Geschlechterrollen (gender), die sich durch stereotype Ausdrucksformen wie Kleidung, Sprache oder Verhaltensweisen zeigen.6
3. Mit dem sog. Selbstbestimmungsgesetz wurde die juristische Kategorie Geschlecht neu definiert, und zwar auf Grundlage des transgenderideologischen Konzepts der Gender Identity.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. November 2024 ist nicht mehr das bei der Geburt festgestellte Geschlecht einer Person das grundlegende Kriterium für den personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag. Grundlage ist nun die Selbstauskunft über eine auf Gefühlen beruhende, veränderliche „Gender Identity“.
Gender Identity, also die Identifikation mit Geschlechterrollen, leugnet die biologisch bedingte Zweigeschlechtlichkeit des Menschen, die sich in objektivierbaren körperlich-biologischen Tatsachen zeigt. Es wird davon ausgegangen, dass es eine Vielzahl von (queeren) „Geschlechtern“ gibt, die sich auf „Genderidentitäten“ gründen. Näheres ist unserer hier noch einmal angehängten Stellungnahme7 zum Gesetz zu entnehmen.
Die Theorie der Gender Identity ist das Fundament des sog. Selbstbestimmungsgesetzes, das genau aus diesem Grund weder dem Menschenbild noch den Werten der Union entspricht.
Sehr geehrter Herr Merz, bitte achten auch Sie als Bundeskanzler das Grundsatzprogramm Ihrer Partei und fordern Sie auch die Familienministerin und den Innenminister dazu auf.
Mit freundlichen Grüßen
Quellen:
- https://www.cdu.de/app/uploads/2025/08/240507_CDU_GSP_2024_Beschluss_Parteitag.pdf, S. 36 ↩︎
- https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/dobrindt-liebich-selbstbestimmungsgesetz-100.html ↩︎
- https://www.bild.de/politik/inland/skandal-um-angeblichen-trans-neonazi-jetzt-spricht-die-familienministerin-68a835a15d3e123a945a7618 ↩︎
- https://was-ist-eine-frau.de/kein-einzelfall-selbstbestimmungsgesetz-evaluation/ ↩︎
- https://geschlecht-zaehlt.de/informationen/definitionen-relevanter-begriffe/#Autogynophilie_auch_Autogynaekophilie ↩︎
- https://geschlecht-zaehlt.de/informationen/definitionen-relevanter-begriffe/#Womanfacing ↩︎
- https://geschlecht-zaehlt.de/stellungnahme-zum-selbstbestimmungsgesetz-entwurf/ ↩︎