17. Januar 2025

Frauenpolitik im Wahlprogramm von CDU/CSU

Schwarze Überraschung

Wahlprogramm CDU/CSU[1]

Die Partei CDU/CSU ist eine konservativ-christliche Partei. Ihre Wähler sind im Vergleich zu anderen Parteien überdurchschnittlich alt (über 60) und Christen sind ihre treuesten Wähler. Da die ältere Generation größer geworden ist, während zugleich die Zahl der Christen zurückgegangen ist, wird diese Entwicklung gegeneinander aufgewogen. Die CDU/CSU kann – wie bei den aktuellen Wahlprognosen – meist den größten Wähleranteil stellen.
 
Interessant ist die Wahlentwicklung bei den Wählerinnen: „Bis in die 1990er-Jahre hinein war der weibliche Anteil unter den Unionswählern stets höher als der männliche, was unter anderem mit der stärkeren Religiosität der Frauen erklärt wird. 2002 kehrte sich das Verhältnis erstmals um, weil vor allem jüngere Frauen wegen der als rückständig empfundenen Positionen in der Familien- und Geschlechterpolitik CDU und CSU ihre Unterstützung versagten. Dass die Partei diesen Kompetenzverlust wettmachen konnte und bei den Frauen 2009 und 2013 wieder deutlich vorne lag, verdankte sie unter anderem ihren weiblichen Zugpferden Angela Merkel und Ursula von der Leyen. Gleichzeitig dürfte sich die im Wahlkampf 2013 versprochene Aufstockung der Mütterrente auf die Unterstützungsbereitschaft weiblicher Wähler positiv ausgewirkt haben. Bei den Bundestagswahlen 2017 und 2021 ist der Frauenüberhang nochmals größer geworden, weil vor allem männliche Wähler in den mittleren Altersgruppen zur AfD und zur FDP abwanderten.“[2]
 
Dem widerspricht ein Bericht der Süddeutschen: „2017 wählten noch 29,8 Prozent der Frauen und 23,5 Prozent der Männer CDU. Bei der Wahl 2021 ist dieser Frauenbonus, von dem die Partei lange profitiert hat, dann fast komplett verschwunden. Es stimmten nur noch 19,5 Prozent der Frauen für die CDU - bei den Männern kam die Partei auf 18,2 Prozent.“[3]
 
Der Frauenanteil innerhalb der Partei ist vergleichsweise gering. Nur 25,5% der Abgeordneten der CDU/CSU sind Frauen[4] – und das obwohl die Partei seit 2022 eine Frauenquote hat, mit Angela Merkel die erste Bundeskanzlerin und mit Ursula von der Leyen die erste deutsche EU-Präsidentin stellte. Die Führung der CDU/CSU ist aktuell wieder von Männern dominiert und die Partei kann ihre eigene Quote nicht erfüllen. Der Frauenanteil ist sogar zurückgegangen[5].
 
Gegen den Kanzlerkandidaten für die kommende Bundestagswahl – Friedrich Merz – läuft aktuell eine Kampagne „Frauen gegen Merz“, die vor allem auf Instagram großen Zuspruch erfährt[6].  Unter anderem wird kritisiert, dass Merz und die CDU sich gegen die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs stellen und dass Merz mehrfach durch frauenfeindliche Äußerungen und Entscheidungen aufgefallen ist. Die Kampagne fokussiert aber nicht auf Frauenrechte, sondern versteht auch Queerpolitik als feministisch relevant. So treten zum Beispiel bekannte männliche Transaktivisten für diese Kampagne auf.
 
Für feministische Belange sollte eine Partei nicht nur bezüglich ihres Kanzlerkandidaten bewertet werden, sondern bezüglich ihres Wahlprogramms und anhand der für Frauen-, Familien- und Gleichstellungspolitik engagierten Parteimitglieder. So sind beispielsweise mit Dorothee Bär, Susanne Hierl oder Silvia Breher Frauen an Bord, die sich überzeugt für Fraueninteressen einsetzen.
 
Die CDU/CSU fällt in einigen Punkten erstaunlich progressiv auf im Vergleich zu Parteien, die sich als feministisch bezeichnen.

Dazu ein paar Beispiele:

  • Die Partei hat als einzige das sogenannte „Nordische Modell“ im Parteiprogramm – die Bestrafung von Sexkauf, Schutz und Ausstiegshilfen für Frauen in der Prostitution sowie ein Präventionskonzept[7]. Damit setzt sich die CDU/CSU überzeugt gegen sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel von Frauen ein. Nachweislich fördert legaler Sexkauf Degradierung und Gewalt gegen Frauen in einer Gesellschaft.
  • Für den Schutz von gewaltbetroffenen Frauen hat die CDU/CSU ein Sicherheitskonzept, das Frauen als Menschen weiblichen Geschlechts versteht. Die sogenannte „Genderidentität“, mit der auch Männer, die sich als Frauen identifizieren, einen Rechtsanspruch auf Zugang ins Frauenhaus erhalten können[8], sind im Gesetzesvorhaben der CDU/CSU nicht enthalten. Stattdessen hat die Partei eine Strafverschärfung bei Stalking im Entwurf, berücksichtigt die digitale Gewalt über Deepfake-Pornografie und schlägt zur Sicherung von Frauen vor, dass Täter häuslicher Gewalt eine elektronische Fußfessel erhalten[9].
  • Im Umgangsrecht fordert die CDU/CSU, dass ein gewalttätiger Elternteil das Sorgerecht verliert.
  • Das Selbstbestimmungsgesetz will die CDU/CSU wieder abschaffen. Mit diesem Gesetz kann jeder Bürger seinen Geschlechtseintrag selbst bestimmen, Männer können sich zur Frau erklären und Zugang zu Frauenschutzräumen, Frauensport und Frauengefängnissen verlangen. Damit werden geschlechtsbasierte Frauenrechte gefährdet bis abgeschafft. Außerdem wird über das Offenbarungsverbot die Glaubens- und Meinungsfreiheit gefährdet. Die Partei fokussiert in ihrem Vorhaben jedoch vorrangig auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen und den Erhalt des Erziehungsrechts der Eltern. Einem Wechsel des Geschlechtseintrags soll bei Kindern und Jugendlichen zumindest ein unabhängiges psychologisches Gutachten vorgeschaltet sein. Die Sicherung von Frauenrechten und die Abschaffung des ideologischen und unwissenschaftlichen Begriffs der „Geschlechtsidentität“ in Gesetzen wird im Programm der CDU nicht thematisiert. Dazu weisen wir an dieser Stelle auf den Offenen Brief des lesbischen Aktionszentrums LAZ reloaded an die CDU/CSU hin[10].

Stichwortartige Übersicht zu den frauenpolitischen Vorhaben der CDU/CSU in ihrem Wahlprogamm-Entwurf:

Das Wort „Frau“ kommt 16-mal im Programm vor.

Erwerbstätigkeit von Frauen:

  • Bessere Rahmenbedingungen für Frauen in Teilzeit schaffen, um den Übergang zu vollzeitnaher Arbeit zu erleichtern.
  • Ausbau der Kinderbetreuungsplätze wird gefördert, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. ​
  • Ausbau ganztägiger Bildungsangebote für Grundschulkinder
  • Spezielle Integrationskurse und Förderprogramme für Mütter mit Zuwanderungsgeschichte sollen fortgeführt werden, um deren Berufseinstieg zu erleichtern.
  • Elternzeit und Elterngeld sollen verbessert werden, um die Aufgabenteilung zwischen Eltern zu unterstützen. ​
  • Der Partnerschaftsbonus bei gleichzeitiger vollzeitnaher Teilzeit beider Eltern wird weiterentwickelt.
  • Steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuung verbessern
  • Ehegattensplitting erhalten
  • Kinderfreibetrag in Richtung des Grundfreibetrags der Eltern entwickeln
  • Kindergeld anheben
  • Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf soll gestärkt werden, um pflegende Angehörige, die oft Frauen sind, zu entlasten.
  • "Unser Ziel ist auch, dass mehr Frauen mit innovativen Unternehmensgründungen unser Land nach vorne bringen"

Gewaltschutz von Frauen

  • Strafrecht verschärfen, um vor allem Frauen, ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Behinderungen und andere besonders gefährdete Gruppen besser zu schützen.
  • Höchststrafe für Stalking erhöhen.
  • Deutlich härtere Bestrafung für Gruppenvergewaltigungen.
  • Gewaltschutz von Frauen und Kindern hat höchste Priorität.
  • Sicherheitskonzept entwickeln und Frauenhäuser stärken.
  • Elektronische Fußfessel für Durchsetzung des Näherungsverbots nach häuslicher Gewalt.
  • Bei Partnerschaftsgewalt das Sorge- und Umgangsrecht des gewalttätigen Elternteils ausschließen
  • ABER: Rechte des biologischen Vaters dürfen nicht durch Vereinbarung der Mutter mit Dritten ausgehebelt werden.

Körperliche und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen

Erhalt von Paragraph 218. Der Schwangerschaftsabbruch wird nicht aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.

Frauengesundheit

  • Gesundheit von Frauen stärker in den Blick nehmen
  • Geschlechtsspezifische Benachteiligung von Frauen in der medizinischen Versorgung wird anerkannt
  • Geschlechtsspezifische Medizin stärker als bisher als eigenes Aufgabenfeld vorantreiben
  • Konzepte und Maßnahmen entwickeln, um Frauen in Gesundheitsbildung, -förderung und -versorgung besser zu erreichen
  • Präventionsangebote verbessern und die Eigenverantwortung und Gesundheitskompetenz der Menschen stärken.
  • Geburtshilfe zukunftsfest umgestalten

Außen- und Entwicklungspolitik

  • „Frauen und Mädchen im Mittelpunkt. Wir setzen uns für ihr Recht auf Selbstbestimmung und Familienplanung ein. Benachteiligungen und Diskriminierungen sind Gift für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung.“
  • Druck auf den Iran erhöhen, Sanktionslücken umfassend schließen, Menschenrechtsverteidiger und vor allem Frauen gezielt unterstützen, gefährlichen Einfluss des iranischen Regimes in Deutschland beenden

Islamismus / Antisemitismus

  • Gesetz zur Bekämpfung des Extremismus. Wer für Ziele einer Terrororganisation wirbt, macht sich strafbar
  • Regelausweisung, Verlust des Aufenthaltstitels und bei Doppelstaatlern Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei öffentlichem Aufruf zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (Beispiel: Forderung nach einem islamischen Gottesstaat, verurteilte antisemitische Straftat)
  • Leugnen des Existenzrechts Israels wird Straftatbestand (Volksverhetzung)
  • Expertenkreis „politischer Islam“ wird wieder eingesetzt
  • Schließung von Moscheen, in denen Hass und Antisemitismus gepredigt wird
  • Keine staatlichen Kooperationen und Gelder für Vereine und Verbände, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden
  • Einrichtungen, die Geld vom Staat erhalten wollen, müssen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, eine Erklärung gegen Antisemitismus abgeben und sich zum Existenzrecht Israels bekennen
  • Bundesprogramm „Demokratie leben“ wird im Bundesinnenministerium angesiedelt
  • Entschlossene Bekämpfung von Antisemitismus
  • Kein Raum für Antisemitismus bei Parteien, Wissenschaft, Medien, Kunst und Kultur
  • Kein staatliches Geld für Antisemitismus
  • Bekenntnis zum Existenzrecht Israels als Einbürgerungsbedingung
  • Clankriminalität konsequent bekämpfen, u.a. mit einer Zollpolizei

Alleinerziehende

  • Die CDU/CSU hat das Leitbild Ehe und Familie
  • Alleinerziehende werden als Form der unterschiedlichen Lebensentwürfe anerkannt
  • Erhöhung des steuerlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende

Förderung Vorfeldorganisationen

  • Programm „Demokratie Leben“ wird im Bundesinnenministerium angesiedelt
  • Wer eine Förderung beantragt, muss sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, das Existenzrecht Israels anerkennen und eine Erklärung gegen Antisemitismus abgeben

Queerpolitik

  • Abschaffung Selbstbestimmungsgesetz: Kein leichtfertiger Geschlechtswechsel bei Erwachsenen. Der Wechsel des Geschlechtseintrags darf nicht beliebig sein.
  • Abschaffung Selbstbestimmungsgesetz: Kein Wechsel des Geschlechtseintrags bei Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern und ohne unabhängiges psychiatrisches Gutachten.
  • Gleichgeschlechtliche Beziehungen werden als Form der unterschiedlichen Lebensentwürfe respektiert

Sexuelle Ausbeutung / Prostitution

  • Drei-Säulen-Modell / Nordisches Modell: Unterstützung und Ausstiegshilfe für Prostituierte, Bestrafung der Profiteure und Freier, Prävention (siehe auch Bundesverband Nordisches Modell[11])
  • Konsequenter Einsatz gegen Clankriminalität und Menschenhandel

[1] https://www.politikwechsel.cdu.de/sites/www.politikwechsel.cdu.de/files/docs/politikwechsel-fuer-deutschland-wahlprogramm-von-cdu-csu-1.pdf
[2] https://www.bpb.de/themen/parteien/parteien-in-deutschland/cdu/42068/wahlergebnisse-und-waehlerschaft-der-cdu/
[3] https://www.sueddeutsche.de/politik/frauenanteil-cdu-gleichstellung-frauenquote-maenner-frauen-union-widmann-mauz-1.7118599
[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1063172/umfrage/frauenanteil-im-bundestag-nach-fraktionen-in-deutschland/
[5] https://archiv.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/ov_gleichstellungsbericht_31_parteitag_2018.pdf?file=1
[6] https://frauengegenmerz.de/
[7] https://www.cducsu.de/themen/prostituierte-schuetzen-sexkauf-bestrafen
[8] https://www.emma.de/artikel/das-gesetz-waere-eine-katastrophe-341427
[9] https://dserver.bundestag.de/btd/20/137/2013734.pdf
[10] https://www.laz-reloaded.de/wp-content/uploads/2025/01/Offener-Brief-an-CDU_CSU-zur-Abschaffung-des-SBGG_13_01_2025.pdf
[11] https://www.bundesverband-nordischesmodell.de/

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