15. Mai 2025

„Verpflichtende Geschlechtertests: Die Leichtathletik stellt Frauen unter Generalverdacht“

Ein Artikel des Tagesspiegel von Inga Hoffmann

Foto von <a href="https://unsplash.com/de/@alvira?utm_content=creditCopyText&utm_medium=referral&utm_source=unsplash">A l v i r a .E.</a> auf <a href="https://unsplash.com/de/fotos/eine-gruppe-von-frauen-die-auf-einer-strecke-laufen-NJvvJP5zXYM?utm_content=creditCopyText&utm_medium=referral&utm_source=unsplash">Unsplash</a>

Eine aufmerksame Leserin hat uns auf den Artikel von Inga Hofmann im Tagesspiegel vom 27. März 2025 aufmerksam gemacht und uns gebeten, eine Medienkritik dazu zu verfassen – ein Wunsch, dem wir gerne nachgekommen sind. Als Plattform für offenen Dialog kritisieren wir einseitige Berichterstattung, besonders wenn sie frauenfeindliche Narrative unterstützt, wie die Idee, Frauen und Mädchen hätten keinen Anspruch auf fairen Sport. Unsere Analyse zeigt, wo der Artikel aus unserer Sicht die Debatte verkürzt. Wenn Sie sich der Kritik anschließen wollen, besteht die Möglichkeit diesen Text über ihr E-Mail-Programm an die Redaktion des Tagesspiegels zu senden. Ergänzen Sie bitte ihren Namen.

Liebe Frau Hofmann,

Als Dialogplattform "Was ist eine Frau?" setzen wir uns mit mangelnder oder einseitiger Berichterstattung auseinander, insbesondere wenn Artikel frauenfeindliche Ansichten verbreiten, wie etwa die Vorstellung, Frauen und Mädchen hätten kein Recht auf fairen Sport. Ihr Artikel1 im Tagesspiegel vom 27. März 2025 kritisiert die Einführung verpflichtender Geschlechtertests für Frauen in der Leichtathletik als diskriminierend und rückschrittlich. Wir hinterfragen, wie Geschlecht im Frauensport definiert wird, und analysieren Ihren Text kritisch. Leider bleibt Ihre Argumentation einseitig, emotional aufgeladen und lässt wesentliche Perspektiven vermissen. Wir möchten Ihnen zeigen, wo Ihr Artikel aus unserer Sicht mangelhaft ist.

1.  Ihre Argumentation: Einseitig statt differenziert

Sie stellen die Geschlechtertests als „Generalverdacht“ gegen Frauen dar und vergleichen sie mit den demütigenden „Zertifikaten der Weiblichkeit“ aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die Motivation des Weltverbands, die Frauenkategorie zu schützen, erwähnen Sie, tun sie aber als vorgeschoben ab. Dabei fehlt eine Auseinandersetzung mit sportpolitischen Gründen, etwa der Debatte um Leistungsvorteile von Männern. Stattdessen fokussieren Sie einseitig auf die vermeintliche Demütigung der Athletinnen, was emotional wirkt, aber die Diskussion verkürzt. Wir bei "Was Ist Eine Frau?" fragen: Warum klären Sie nicht, dass das Geschlecht im Sport eine wichtige Rolle spielt und kein subjektiver Gemütszustand ist?

2.  Fehlende Perspektiven: Ignorierte Stimmen und Daten

Ein zentraler Mangel Ihres Artikels ist die Auslassung relevanter Perspektiven. Zum Beispiel zeigen historische Daten wie die Umfrage des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) von 19962, dokumentiert in den Archiven des Atlanta History Centers, dass über 80 % der befragten Athletinnen Geschlechtertests zur Sicherung der Fairness im Frauensport befürworteten. Die Tests, entwickelt unter Leitung von Dr. Louis J. Elsas, zielten darauf ab, das männliche Geschlecht auszuschließen. Diese Perspektive hätten Sie einbeziehen können, um die Debatte ausgewogener darzustellen.

3.  Erfahrungen von Athletinnen: Die Stimme von Sharron Davies

Eine weitere ausgelassene Perspektive ist die direkte Erfahrung von Athletinnen mit Geschlechtertests. Die ehemalige britische Schwimmerin Sharron Davies, eine Olympiateilnehmerin und mehrfache Medaillengewinnerin (u.a. Silber 1980 im 400-Meter-Individuell-Lagen) sowie bekannte Sportkommentatorin, unterstützt solche Tests. Sie sagte: „Ich habe 1976 einen Geschlechtstest gemacht. Er dauerte 10 Sekunden. Viel weniger aufdringlich als ein Covid-Test. Wattestäbchen an der Innenseite meiner Wange. Meine Kleidung blieb an! Einmal im Leben … weil wir das Geschlecht nicht ändern können.“3 Davies betont die Einfachheit und Unaufdringlichkeit aus erster Hand, was Ihre Darstellung der Tests als demütigend relativiert. Ihre Stimme hätte Ihrer Argumentation eine wichtige Nuance hinzufügen können.

4.  Rechtliche Entwicklungen: Das Problem staatlicher Dokumente

Ihr Artikel ignoriert die Auswirkungen von Gesetzen wie dem Selbstbestimmungsgesetz in Deutschland sowie ähnlicher Regelungen in anderen Ländern. Diese ermöglichen die Ausstellung staatlich gefälschter Dokumente auf Abruf, die das Geschlecht nach subjektivem Wunsch ändern. Solche Dokumente können keine verlässliche Grundlage mehr bilden, um zu bestimmen, wer in der weiblichen Kategorie antreten darf. Diese Entwicklung unterstreicht die Notwendigkeit solcher Tests, um Fairness im Frauensport zu gewährleisten – ein Aspekt, den Sie nicht berücksichtigen.

5.  Irreführende Aussagen: Trans- und intergeschlechtliche Personen

Ihre Aussage, die Tests sollten „trans und intergeschlechtliche Personen von vornherein ausschließen“, und dass diese „ohnehin seit einigen Jahren nicht mehr zugelassen“ seien, ist grob irreführend. Alle Menschen sind geschlechtsspezifisch – männlich oder weiblich –, auch jene mit einer proklamierten „Transidentität“ oder objektiv nachweisbaren Geschlechtsentwicklungsstörungen, die Sie als „intergeschlechtlich“ bezeichnen. Ihre Formulierung bleibt geschlechtsneutral und verschleiert, dass ausschließlich das männliche Geschlecht vom Frauensport ausgeschlossen wird, unabhängig davon, ob es sich um Männer mit Geschlechtsentwicklungsstörungen oder „Transidentitäten“ handelt. Diese können selbstverständlich in ihrer eigenen Geschlechtsklasse antreten, weshalb von einem „grundsätzlichen Ausschluss“ keine Rede sein kann. Besonders problematisch ist Ihr Verweis auf Caster Semenya als vermeintlichen Beleg. Semenya ist männlichen Geschlechts mit einer Geschlechtsentwicklungsstörung, die ausschließlich beim männlichen Geschlecht vorkommt.4 Er durchlief eine männliche Pubertät und ist Vater von zwei Kindern. Seine Leistungen im Frauensport resultieren aus männlichen Vorteilen, weshalb sein Ausschluss aus der Frauenkategorie gerechtfertigt ist. In der männlichen Kategorie könnte er antreten, würde dort jedoch kaum Erfolge erzielen, da seine Leistung nur im Vergleich zu Frauen herausragt. Diese Differenzierung hätten Sie klarstellen müssen.

6.  Ihre Sprache: Emotion statt Sachlichkeit

Ihre Wortwahl ist stark wertend: „Generalverdacht“, „demütigend“ oder „Mottenkiste“ sollen die Leser empören. Der historische Vergleich ist rhetorisch geschickt, aber irreführend, da nicht-invasive Tests nicht mit den teilweise fragwürdigen Praktiken von damals gleichzusetzen sind. Zudem polarisieren Sie, indem Sie „unterdrückte Frauen“ gegen „Männer, die über ihre Köpfe hinweg entscheiden“, stellen. Dabei ignorieren Sie, dass auch Frauen in Sportgremien mitwirken.

7.  Ihre Ideologie: Feminismus mit blinden Flecken

Ihr feministischer Ansatz kritisiert zu Recht Probleme wie schlechte Bezahlung oder übergriffige Trainer. Doch diese Punkte wirken wie ein Ablenkungsmanöver, da sie kaum mit den Geschlechtertests zusammenhängen. Die Aussage von Verbandschef Sebastian Coe, Männer seien eine „Bedrohung“ für den Frauensport, tun Sie als unbegründet ab, obwohl Ihnen als Sportredakteurin klar sein müsste, dass das männliche Geschlecht gegenüber dem weiblichen einen Leistungsvorteil hat. "Was ist eine Frau?" fragt: Warum führen Sie die Debatte um Fairness im Frauensport nicht ernsthaft? Ihr Text wirkt mehr wie eine moralische Verurteilung als wie eine sachliche Analyse.

8.  Was fehlt? Die andere Seite der Debatte

Sie erwähnen nicht, dass Geschlechtertests historisch eingeführt wurden, um Betrug auszuschließen. Auch die Frage, wie der Frauensport ohne klare Kategorien fair bleiben kann, bleibt ausgeklammert. Ihre Opfererzählung weckt Mitgefühl, bietet aber keine Lösungen. "Was ist eine Frau?" fordert: Medien sollten diese Debatte differenziert darstellen. Ihr Artikel liefert jedoch keine Grundlage, um die Debatte zu verstehen, sondern setzt auf eine einseitige moralische Position.

Fazit

Liebe Frau Hofmann, Ihr Artikel ist ein leidenschaftlicher Appell, der die Geschlechtertests als Angriff auf Frauen darstellt. Als "Was ist eine Frau?" kritisieren wir, dass Sie die Frage „Was ist eine Frau?“ im Sportkontext nicht ernsthaft angehen und stattdessen eine Opfererzählung bedienen. Eine ausgewogene Berichterstattung hätte die Perspektiven von Athletinnen, sowie Sportverbänden einbezogen und Lesern zu einer eigenen Bewertung ermächtigt. So bleibt Ihr Text ein emotionales Plädoyer, das aus ideologischen Gründen bewegt, aber nicht informiert.


  1. https://www.tagesspiegel.de/sport/verpflichtende-geschlechtertests-die-leichtathletik-stellt-frauen-unter-generalverdacht-13433938.html ↩︎
  2. https://aspace-atlantahistorycenter.galileo.usg.edu/repositories/2/resources/2932 ↩︎
  3. https://x.com/sharrond62/status/1538495387379589120?s=46 ↩︎
  4. https://www.telegraph.co.uk/athletics/2023/07/11/world-athletics-right-caster-semenya/ ↩︎

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